Die jüngste Plenarsitzung des Kimberley-Prozesses (KP), die vom 11. bis 15. November stattfand, stand im Zeichen erheblicher Spannungen zwischen der Europäischen Union und dem amtierenden KP-Vorsitzenden Ahmed Bin Sulayem. Im Zentrum der Kritik: Die mangelnde Bereitschaft des Plenums, auf die Folgen des russischen Krieges gegen die Ukraine für den globalen Handel mit Rohdiamanten einzugehen, und die strittigen Äußerungen des Vorsitzenden gegenüber europäischen Vorschlägen.
Für die Europäische Union ist die wiederholte Ausblendung der anhaltenden Auswirkungen des Konflikts auf den internationalen Diamantenmarkt ein deutlicher Rückschritt. Dieses Versäumnis beschädigt nicht nur die Glaubwürdigkeit des Kimberley-Prozesses, sondern gefährdet auch das Vertrauen der Verbraucher in den Herkunftsnachweis von Diamanten und die Integrität des Schmuckhandels. Im Sinne von Transparenz und Verantwortlichkeit haben die EU und ihre Partner im Kreis der G7-Staaten deshalb einen Importstopp für russische Diamanten verhängt. Ein zentrales Element dieses Ansatzes ist die Entwicklung eines umfassenden, nachvollziehbaren Zertifizierungssystems, das es Verbrauchern ermöglicht, die Herkunft ihrer Diamanten transparent nachzuvollziehen und so den Erwerb konfliktbehafteter Ware auszuschließen.
Der EU-Vorschlag, mit einer zentralen Kontrollinstanz für Diamanten in Antwerpen außerhalb des bestehenden KP-Rahmens zu arbeiten, ist jedoch auf deutlichen Widerstand gestoßen. KP-Vorsitzender Ahmed Bin Sulayem warf diesem Modell vor, bestehende Handelsströme zu stören und vor allem afrikanische Produzentenländern einen unverhältnismäßigen Mehraufwand sowie wirtschaftliche Nachteile aufzubürden. In seiner Abschlussrede kritisierte er, dass Europas Initiativen über den KP hinausgingen und damit die Souveränität und Stabilität jener Länder beeinträchtigten, für deren Schutz der Kimberley-Prozess ursprünglich geschaffen wurde.
Die Europäische Union reagierte ihrerseits mit scharfen Worten auf die getroffenen Aussagen und bezeichnete sie als unbegründet und kontraproduktiv. Aus Sicht der EU widersprechen persönliche Anschuldigungen und das Abweichen von der notwendigen Neutralität der Vorsitzendenrolle dem Geist und dem Selbstverständnis des Kimberley-Prozesses, der auf Zusammenarbeit und gegenseitigem Vertrauen fußt.
Von besonderer Brisanz ist zudem, dass Ahmed Bin Sulayem über das Jahr 2024 hinaus weiterhin als Vorsitzender des KP agieren wird und damit die übliche Rotation zwischen den Mitgliedsstaaten temporär außer Kraft gesetzt ist. Dies sorgt innerhalb des internationalen Gremiums für zusätzliche Spannung und Ungewissheit hinsichtlich der künftigen Ausrichtung und Glaubwürdigkeit des Prozesses.
Die Debatte über Transparenz, Verbraucherinteressen und geopolitische Herausforderungen bleibt somit weiterhin ein zentrales Thema für den internationalen Diamantenhandel und zeigt die Notwendigkeit einer konstruktiven und kompromissbereiten Zusammenarbeit innerhalb des Kimberley-Prozesses auf.